ANCHOR AND BURDEN - Extinction Level

 

ARTIST: Anchor and Burden

TITLE: Extinction Level

LABEL: Independent

RELEASE DATE: 22.03.2024

GENRE: Progressive / Avantgarde / Doom-Jazz / Post-Metal 

LOCATION: Deutschland

RUNNING TIME: 66:31

RATING: 9 / 10


Manchmal ist Musik eben keine abstrakte Schönheit, die man aus sicherer Entfernung goutiert, sondern ein aufdringlicher, terrorisierender, unberechenbarer Bastard, der dir direkt im Nacken sitzt. Von den akustischen Schallwegen her eine ideale Aufteilung, denn beim Einlegen der CD rumpelt jeweils einer mittig in jedes Ohr und ein Dritter steht bedrohlich hinter dem Rücken. Kopfhörer? Hat diese Platte nicht einmal unbedingt nötig, denn selbst ohne Direktkanalzufuhr spinnt "Extinction Level" einen unheimlichen Kokon um den Hörer, der fortan für über 60 Minuten von der Außenwelt getrennt ist. Die meisten Menschen verstehen die Kunst von ANCHOR AND BURDEN einfach nicht. Das ist nicht als Ausdruck der Überheblichkeit eines möchtegern-elitären, pseudo-intellektuellen Rezensenten zu verstehen, es ist vielmehr durchaus verständlich. ANCHOR AND BURDEN liefert nämlich nie Dinge ab, die in irgendeine Kategorie passen. Das bedeutet, wer immer Musik um der bloßen Zerstreuung willen hört, dem werden diese Kompositionen vermutlich schnell auf die Nerven gehen. Auch "Extinction Level" gehorcht keiner Formel, es schreibt seine Formel selbst. Wer also Freude am Erschließen von Neuem, am Knacken sperriger Formate und am Nachvollziehen von durchaus auch mal etwas kruden Schlenkern der Inspiration findet, dem eröffnet sich hier ein weiteres Kleinod. Und so ist auch die Verwendung des Begriffs „progressiv“ in der Stilbezeichnung zu verstehen. Aber erinnern wir uns: Progressive Musik begann mit Truppen wie KING CRIMSON oder GENESIS, die von ausufernder Epik inklusive instrumentaler Selbstbefriedigung bis zu reduziertester Singer/Songwirter-Kunst alle Grenzen ignorierten, alles kombinierten, was sie wollten und so in musikalische Galaxien vordrangen, die nie zuvor ein Mensch gehört hatte. In diesem Sinne sind ANCHOR AND BURDEN progressiv, denn Verwechslungsgefahr mit anderen Bands besteht hier mit Sicherheit nie.


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 So stimmig das Konzept ist, so straff und kohärent die Kompositionen, so unorthodox ist das Ganze auch. Hits nach kommerzieller Denkweise fehlen, was keinesfalls heißt, das keine da wären. Extinction Level stellt definitiv keine leichte Kost dar, weder für den normalen Rock/Metal-Hörer, noch für den diesbezüglich vielleicht etwas härter gesottenen Prog-Nerd. Hier schwingt eine stark jazzige Note mit, wiederkehrende Passagen und musikalische Anhaltspunkte sucht man vergeblich. Oftmals ufern die Gitarrenparts minutenlang aus. "Extinction Level" ist Musik zum Versinken und Staunen. Manchmal wünscht man sich, das ein oder andere Riff oder die ein oder andere Melodie würden länger gespielt oder wiederholt, ist aber dann eine Minute später vom folgenden Part schon wieder genauso begeistert. Wenn die Instrumente nicht so perfekt aufeinander abgestimmt wären, könnten manche Songs auch einer spontanen Jamsession von ANCHOR AND BURDEN entstammen. Genau das macht die Atmosphäre des Albums aus. Das Talent jedes einzelnen Bandmitgliedes steht kaum zur Debatte. Es ist klar, dass hier brillante Musiker am Werk sind. Was "Extinction Level" aber auch zu einem wirklichen guten Album macht, ist die Tatsache, dass hier nichts zusammengestückelt wirkt. Die vielen, vielen Passagen sind allesamt logisch verknüpft. Auch produktionstechnisch ist nichts auszusetzen. Beeindruckend ist da fast schon untertrieben.



TRACKLIST:

Fractured Self

Body Expansion

Mutual Assured Destruction

Nine Gates to Dominion

Extinction Phase

The Crust of this Earth

 

LINE-UP:

Markus Reuter: Touch Guitars AU8 and S8, Soundscapes

Alexander Paul Dowerk: Touch Guitars S8

Bernhard Wöstheinrich: Keyboards and Electronics

Asaf Sirkis: Drums and Percussion


26.07.2024 veröffentlicht von: Thomas M. © Metal-Division Magazine

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