MOTÖRHEAD - "Live at Hull City Hall, 22nd June 1983"
(Deluxe 40th-Anniversary-Edition)
ARTIST: Motörhead
TITLE: "Live at Hull City Hall, 22nd June 1983"
LABEL: BMG
RELEASE DATE: 03.11.2023
GENRE: Heavy Rock / Metal
LOCATION: Vereintes Königreich
RUNNING TIME: 77:48
RATING: 7 / 10
CD 2 beinhaltet ein bis dato unveröffentlichtes Konzert vom 22. Juni 1983 in der Live Hall in Hull / England. Da das Verhältnis von Leadgitarristen Brian "Robbo" Robertson zu den älteren Stücken von Motörhead bereits beschrieben wurde, können wir ein Set erwarten, das hauptsächlich auf dem "Another Perfect Day" Album basiert. So beginnt das Konzert ohne großes Intro oder sonstigen Firlefanz mit dem Opener des besagten Albums, "Back at the Funny Farm". Man hört gleich heraus, dass die Songs live nicht das Feeling vermitteln können, wie auf dem Album. Das liegt vor allem in der Overdub-Technik, die von Robbo auf "Another Perfect Day" benutzt wurde. Insgesamt sprechen wir über eine gute Live-Aufnahme, der Bass wummert hervorragend, das Gitarrenspiel ist dynamisch, auch wenn der Hall teilweise den Gesamtsound kaschiert und das Schlagzeug poltert schön nach vorne. Mit "Tales Of Glory" wird es nicht langsamer, sondern grooviger, auch wenn die Piano-Einsprengsel wie auf dem Album fehlen, kann der Song doch live überzeugen. Besonders im Solopart hört man den Southern-Rock Anteil schön heraus. Schnell geht es weiter, "Heart Of Stone" von dem "Iron Fist" Album ist an der Reihe. Ein harter Brecher, der in zwei Solo-Abschnitte unterteilt ist und das in gut drei Minuten Spielzeit. MOTÖRHEADs Schlüsselalbum "Ace Of Spades" darf natürlich auch nicht zu kurz kommen. "Shoot You In The Back" glänzt mit viel Groove und dem Einsatz desWah-Wah-Pedals, das diesem Song live eine besondere Note verleiht. Der "Flying Scotsman" Brian Robertson wird dem Publikum vorgestellt, nachdem Lemmy sich über Soundprobleme beklagt hat. In der Tat, bei "Marching Off To War" gibt es tatsächlich Stellen, an dem man die Gitarre nur sehr leise war nimmt. An der Reaktion des Publikums merkt man schnell, dass gerade die alten Songs punkten können. In diesem Fall darf man sich über "Iron Horse / Born To Lose" freuen.
Das fünf Minuten Brett von ihrem Debüt-Album darf man gerne als einen der Songs sehen, die in der Karriere von Motörhead nicht so oft gespielt wurde. Anders hingegen der Titeltrack von "Another Perfect Day", der gerne scherzhaft als "Another Perfect Hangover" von Lemmy angekündigt wird. "Another Perfect Day" nimmt etwas Geschwindigkeit aus dem Programm, lässt dennoch eine gewisse Schwere für sich sprechen. Ein nicht allzu virtuoses Gitarrensoli überbrückt die Zeit zwischen besagten Titeltrack und "(I’m Your) Hoochie Coochie Man". Man kann nur vermuten, dass es wieder ein kleines technisches Problem gab. "(I’m Your) Hoochie Coochie Man", eine Coverversion des Blues-Stücks von Willie Dixon, der vor allem durch die erste Version von Muddy Waters bekannt wurde und auf der B-Seite der Single "Shine" zu finden ist. "(Don’t Need) Religion", der Song, der für den Parental Advisory – Explicit Content Aufkleber auf der "Iron Fist" LP verantwortlich ist, walzt groovend nach vorne. Nach gut der Hälfte des Sets merkt man, dass Brian "Robbo" Robertson besonders Spaß an den neuen Stücken hat. "One Track Mind", der darauffolgende Song wird mit viel Dynamik vorgetragen, als die älteren Stücke. Lemmys Ansagen, wenn es mal welche gibt und er nicht über die Kirche schimpft wie bei "(Don’t Need) Religion" sind kurz und knapp. Taylors Schlagzeugspiel klingt ebenfalls gut, obwohl es sich anfühlt, als ob es seine Intensität verloren hätte und mehr darauf bedacht sei, an bestimmten Stellen einfach den Takt zu halten.
"One Track Mind" zeigt auch live eine geradlinige Geschwindigkeit und offenbart Motörheads doomaffine Seite. "Go To Hell" und "America" bedienen abermals das "Iron Fist" Album, auch wenn Lemmy bei seiner Ansage der Meinung sei, "Go To Hell" stamme vom "Ace Of Spades" Album. Trotzdem straighter Song, mit einem soliden Solopart und technischen Problemen gegen Ende. Ebenso bei besagten "America". Es ist zwar nicht unbedingt meine Lieblingsversion, aber keineswegs schlecht. Bevor es mit "Shine" weitergeht, hört man Robbo im Hintergrund zetern, dass es eine Setlist gibt, an die man sich zu halten hat, nachdem Lemmy das Publikum gefragt hatte, was für ein Song als Nächstes kommen sollte. Das leichtfüßige "Shine" behält Motörhead trotz der Verzerrung in einer unorthodoxen, galoppierenden Taktart seine gesamte Schlagkraft bei und zeugt von Progressivität. Mit herrlichen arpeggierten Melodien kann "Dancing On Your Grave" auch live punkten. Mit "Rock It" und seinem treibenden Bass kommt, wird wieder etwas mehr Fahrt aufgenommen. Den Abschluss machten "Bite The Bullet" und "The Chase Is Better Than The Catch" von Album Nummer vier, namens "Ace Of Spades". Letztgenannte Songs klingen verzerrter und schwerer als ihre jeweiligen Albumversionen. Genau diese Art von Songs, wie das schnelle "Bite The Bullet", hätten mehr vertreten sein sollen, da es genau die Songs sind, die Motörhead ausmachen.
Mit "The Chase Is Better Than The Catch" präsentierte man auch einen würdigen und meistgespielten Song aus dem großen Pool der Songs, die Motörhead bis 2015, dem Jahr in dem Lemmy Kilmister verstarb, geschrieben haben. Was "Live at Hull City Hall", bietet, ist eine sehr einzigartige Reihe von Songs, die ziemlich beschleunigt und genau mit der Geschwindigkeit gespielt werden, die erforderlich ist, um Ihre Lautsprecher umzuhauen. Natürlich gebührt die ganze Ehre der Kombination, die sich aus Taylors Schlagzeugspiel, den lauten und kraftvollen Bassnoten von Lemmy und den dynamischen Leads von Robertsons ergibt. Am Ende ist es keine großartiges Live Album, wer das möchte, muss sich "No Sleep ’til Hammersmith" oder "Nö Sleep at All" zulegen. "Live in Hull City Hall" ist aber ein schönes Zeitzeugnis der "Another Perfect Day" Ära. Auf der einen Seite standen Songs wie "Bite The Bullet", "America", "Go To Hell "oder das Willie Dixon Cover "I'm Your Hoochie Coochie Man" schon Jahre zuvor auf der Setliste und wurden live vorgetragen, auch dass Songs von dem aktuellen Album vertreten sein müssen ist klar. Andererseits wurde bis auf "I Got Mine" sowie "Die You Bastard" das komplette Album aufgeführt und eben die Songs, für die das Publikum Geld bezahlt hat, siehe "Overkill", "Bomber", "Metropolis" oder der Motörhead Song schlechthin, "Ace of Spades" wurden dank eines Brian "Robbo" Robertson von der Setliste gestrichen.
TRACKLIST:
Back At The Funny Farm
Tales Of Glory
Heart Of Stone
Shoot You In The Back
Marching Off To War
Iron Horse (Born To Lose)
Another Perfect Day
(I’m Your) Hoochie Coochie Man
(Don’t Need) Religion
One Track Mind
Go To Hell
America
Shine
Dancing On Your Grave
Rock It
Bite The Bullet
The Chase Is Better Than The Catch
LINE-UP:
Lemmy Kilmister (bass, vocals)
Brian Robertson (guitars)
Phil 'Philthy Animal' Taylor (drums)