The Ocean + Supp.: A Swarm Of The Sun - Aschaffenburg 12.09.2024
Ein sehr spezieller Post-Metal Abend stand uns an diesem Donnerstag bevor. THE OCEAN auch bekannt als "THE OCEAN COLLECTIVE" aus Berlin waren zu Gast im Colos-Saal zu Aschaffenburg, mitgebracht haben sie das schwedische Duo A SWARM OF THE SUN, um in den Abend einzustimmen. Für einen Donnerstag waren ganz schön viele Leute vor Ort, was auch nicht wundernd, denn wer diese beiden Bands kennt, lässt sie sich auch nicht entgehen. A SWARM OF THE SUN um die beiden Musiker Erik Nilsson und Jakob Berglund starteten mit "The Stand". Ein Song, der mit leisen Klängen den Abend eröffnete, sich langsam steigerte, untermalt von Anfangs bläulichen Licht, bis die Bühne gegen Ende des Songs in rötlich / oranges Licht getaucht war. Über all dem schwebt der zerbrechliche Gesang eines Jakob Berglund, der zwischen Hoffnungslosigkeit und tiefer Traurigkeit pendelt. "Incarceration" schloss sich nahtlos an. Man hatte das Gefühl auf eine Reise mitgenommen zu werden, einer sehr emotionalen Reise die in die Abgründe der menschlichen Existenz eintaucht, ohne große Pausen zwischen den Songs oder Ansagen. Dazu immer wieder dunkle Beleuchtung, die die Stimmung aufrechterhielt. "Incarceration", ein Drama voller Melancholie und Herzblut, dazu der wuchtige Rhythmus und die sich aufbauenden Gitarrenwände. Ab und an wurde mit der Nebelmaschine noch Akzente gesetzt, wie bei "The Warden". Imposante Gitarrenwände, begleitet von kathedralischer Orgel sind das Rezept für diesen Song. Im Kontrast dazu durchdringen perlenden Pianoläufen - die vertonte Schwermut. A SWARM OF THE SUN kann man kaum stilistisch einordnen.
Post-Metal, Post-Rock, Ambient, Shoegaze – A SWARM OF THE SUN bedienen sich zahlreicher Elemente aus all diesen Genres, "The Woods" glänzt sogar mit einer doomigen Schlagseite, passend dazu wieder die in rotes Licht getauchte Bühne. Sehr schöne Melodien und warme, bretternde Gitarrenriffs – komplex arrangiert aber dennoch sehr eingängig und erfrischend unkompliziert. Seit dem 6. September ist ihr viertes Studioalbum mit dem Titel "An Empire" auf dem Markt. Von diesem Album stammte der vorletzte Song des Abends, die Lead-Single "The Burning Wall". Zunächst leitet eine entfernt und verträumt klingende Akkordfolge in den Song, unterstützt von einem beharrlichen Drum-Schema – bevor nach etwa fünf Minuten ein stattliches Post-Metal-Riff das alles und jeden in die Knie zwingt. Hinzu kommen die Keys, die sich für mich live tatsächlich wie Streicher anhörten, was dem Song umso mehr Atmosphäre beschert hat. Zum Abschluss der Reise gab es das über zehnminütige "These Depths Were Always Meant for Both of Us", hier türmt sich intensiven Tremoli immer weiter auf, bis plötzlich ein minutenlanges, in seiner Einfachheit mitreißendes Riff über den Hörer hereinbricht. Anschließend verklingt der Track schließlich in einem zerbrechlichen Duett aus fragilem Gesang und minimalistischen Gitarren. Bewundernswert wie hier ein Rädchen ins andere greift und jedes Riff, jeder Ton als unentbehrlicher Baustein im atmosphärisch-emotionalen Kosmos der Schweden fungiert. Am Ende gab es Beifall und dieser nicht nur aus reiner Höflichkeit. Im Gegenteil, an diesem Abend haben A SWARM OF THE SUN den ein oder anderen Fan dazu gewonnen.
Danach ging es eine deutliche Spur härter zu Sache. THE OCEAN begannen den Abend mit "Preboreal", einem Stück aus ihrem aktuellen Album "Holocene". Der Song beginnt mit ruhigen Synth-Texturen, darauf aufbauend der Post-Metal Anteil mit einem hypnotisch wirkenden Gesang. Auch hier wird viel mit Licht gespielt, zu dem blau gesellt sich verstärkt orange und rot. Der launische und dunkle Sludge-Sound von THE OCEAN in Kombination mit gigantischer Schwere und einem großartigen Gespür für Rhythmus und progressive Strukturen hat die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit selbst der ungeduldigsten Zuhörer zu fesseln und zu halten. "Cambrian II: Eternal Recurrence" glänzt zum ersten Mal mit dem Einsatz von Growls und einem harten Mittelteil, bei dem man schön den Doublebass heraushört. Ich würde sogar sagen, dass es leichte Blastbeat-Anflüge sind. Am herausragendsten allerdings ist der Break gegen Ende mit dem leichten Piano. "Atlantic" startet ruhig und oszilliert ständig zwischen Klarheit und Härte, Sanftheit und Aggression, Melodie und Riff. Dazu eine Nebelwand, getaucht in grünes Licht. Wie auch auf dem aktuellen Album folgt nach "Atlantic" der Track "Subboreal", dieser überzeugt sogar einige Momente lang mit hektischer Aggression im Stil von Black Metal. Heruntergestimmte Gitarrenwände, die sich stakkatoartig durch die Magengrube schrauben. Das Drumming ist trotz der Brutalität erstaunlich variabel und bietet von Blastbeats, Doublebass bis zum Powerdrumming und groovenden Patterns die ganze Palette. Mit "Bathyalpelagic III: Disequilibrated" haben wir einen sehr schnellen Song am Start. Frontmann Loic Rosetti beispielsweise zeigt hier eine derart beeindruckende Wandlungsfähigkeit und ein herausragendes Melodiegespür. Das sehr versierte Drumming, der über weite Strecken ausgesprochen melodisch bediente Bass sowie das für THE OCEAN mittlerweile typische, anspruchsvolle Riffing runden schließlich die starke Instrumentalperformance ab. "Hadopelagic II: Let Them Believe" hingegen ist ein starker Kontrast zu den Songs davor. Hier lebt der Song hauptsächlich von Bass und cleanen Gitarre. Ein instrumentaler Track steht uns anschliessend mit "Oligocene" bevor.
Zu finden auf dem 2020 veröffentlichten "Phanerozoic II: Mesozoic | Cenozoic". Was ich an THE OCEAN liebe, ist, wie kathartisch ihre Musik sein kann, entweder durch Wut oder durch beruhigende Stimmungen. Ihre Klangtextur und ihre Vorliebe für langsame Tempi sind perfekt, um dunkle, grüblerische Atmosphären und ein Gefühl von Ruhe, Geduld und Melancholie zu erzeugen. "Parabiosis" ist so ein Song der selbstredend an diesem Abend zelebriert wurde. "Pleistocene" mit seinen atmosphärischen Einflüssen, dröhnenden aggressiven Drums und harschem Gesang leitete das Ende ein. "Subatlantic" schloss als ein langsamer, geduldiger Song, der zwischen hart und weich wechselt und einige schöne orientalische Einflüsse in den Gitarrenthemen enthält, den Abend vorerst ab. Natürlich ließen es sich THE OCEAN nicht nehmen zwei Zugaben zu spielen. Das lag unter anderen auch daran, das die Menge diese lautstark forderte. Die erste Zugabe der Opener "Triassic" von ihrem "Phanerozoic II: Mesozoic | Cenozoic" geht dank leicht orientalischer Tonfolgen leicht ins Ohr, und Sänger Loïc Rossettis seine dramatische, aber stets glaubwürdige Performance verleiht dem Material zusätzliche Schwere. Dieses Stück ist ein kompositorisches Meisterstück von Gitarrist und Songwriter Robin Staps. Ein Abend schierer Gitarren-Wucht und gewollt atmosphärischer Instrumentalparts der ausufernden Sorte und auch zahlreiche epische Momente, allen voran das abschließende 14-minütige "Jurassic | Cretaceous", wo es sich Loïc Rossetti nicht nehmen ließ ein Bad in der Menge zu nehmen. Wer Gelegenheit hat, sollte sich weder A SWARM OF THE SUN noch THE OCEAN entgehen lassen. So sagen wir "Danke" an Pelagic Records für die Einladung. Bis zum nächsten Mal.